Kirchen

Seitdem die Töchter vom Heiligen Kreuz, Ordensschwestern, die in der Soers sehr beliebt waren, nach 105 Jahren ihre Heimat in der Soers aufgegeben haben und weggezogen sind, steht die Kapelle St.Raphael ungenutzt leer, ist vom Bistum entwidmet und sieht Zeiten als Bürozentrum oder anderer geweblicher Nutzung entgegen. Daher gibt es in der Soers nur noch die Kirchen St.Andreas, Friedenskirche Paßstraße und die Salvatorkirche; in diesen Kirchen wird regelmäßig Gottesdienst gefeiert, um Gott zu ehren und zu danken und um Gemeinschaftn zu pflegen. Manche katholische Christen gehen von Zeit zu Zeit gerne auf den Salvatorberg, weil es durchaus auch angenehm ist, einmal still und unerkannt Messe mitzufeiern. Auch heiraten junge Paare hier gerne. Weil die Territorien der Pfarren von St.Andreas und der Friedenskirche in der Soers kongruent sind, bestehen zwischen den Menschen beider Kirchen herzliche, ökumenische Beziehungen. Vor allem alteingesessene Bauern gehen aus alter Tradition gerne aus der Soers hinauf nach Behrensberg in die St.Matthias-Kirche, die dort ursprünglich als Kapelle schon seit 1381 existiert. Für die Soers sind also folgende Kirchen wichtig: 

Kirchenbau      Salvatorkirche      St.Matthias        St.Raphael         St.Andreas        Friedenskirche        

Bauzeit          ursprünglich 870         1890                  1906                  1968                   1974                           

Baustil            neuromanisch        neugotisch        neugotisch            modern               modern                 

Architekt          Josef Laurent         P.Peters          unbekannt      Karl Otto Lüfken   Joachim Schwarze



 

  Die Gemeinde St.Andreas schaut historisch gesehen auf einen stetigen Werdegang zurück, der deshalb kurz skizziert sei:

1947 Abtrennung des eigenständigen Seelsorgebezirks St.Raphael von der Mutterkirche St.Laurentius mit Rektor Werner Keuck als Leiter

1953 - 1958 Rektor Josef Beyers in St.Raphael; er gründet einen Kirchenbauverein.

1958 - 1964 Vikar Josef Kaussen in St.Raphael; Ankauf (1963) des Baugeländes auf ehemaligem Weberhof-Feld.

1966 bis heute Rektor Walter Leo Schwarz in St.Raphael, seit 2006 im Altenheim Rektor

1963 - 1977 Pastor Hans Vliegen baut die Kirche St.Andreas ( 1967 - 1968 ). Teile der Pfarrgebiete von St.Peter und St.Elisabeth werden integriert. Als Pastor Vliegen stirbt, führen Dr. Karl Klinkhammer ( 1912 - 2000 ) und Pastor Theo Königs ( 1904 - 1988 ) die Pfarre seelsorgerisch und Dechant Willy Jansen die Geschäfte kommisarisch.

1978 - 1988 Pastor Josef Kleynen baut das Pfarrheim (1978 ) und schafft eine Verschueren-Orgel an.

1991 - 2002 Pastor Claus Günther Bütow ist Pastor; er hat Diakon Rouette an seiner Seite.

Ab 2004 gehört St.Andreas zur Gemeinschaft der Gemeinden Aachen-Mitte, wo die Priester Propst Ruprecht van de Weyer und als GdG-Leiter Pfarrer Franz-Josef Radler tätig werden. Als zwischenzeitliche Pfarradministratoren fungierten Dr.Andreas Frick und Monsignore Helmut Poque in St.Andreas von 2002 bis 2004. Heute ist die Pfarre froh, Frau Christiane Rath als Gemeindereferentin bei sich zu wissen.

 Firmlinge von Sankt Andreas in der Soers

 

 Bewahrung der Schöpfung als religiöser Auftrag

Christliches Verständnis von Politik begründet sich in biblischen Themen von Gerechtigkeit und Frieden. Jesus zeigt uns mit seinen praktischen Hinweisen auf konkrete unheile,soziale Verhältnisse den Weg, das Heil der Schöpfung Gottes in den Horizont der Mitweltliebe des Menschen zu stellen. Wenn Jesus sich mit den politischen, jüdischen Parteien der Pharisäer, Sadduzäer, Essener oder gar mit den revolutionären Zeloten auseinandersetzt, kommt zwar sein eigener Eifer für die Sache Gottes voll zum Tragen; jedoch distanziert er sich von Aufrührern ( Lk 13, 1 -3 ). Weil der Christ durch Jesu Tod und Auferstehung die Befreiung von Schuld erfahren hat, kann er sich frei von traditionellen Bindungen und unabhängig von inhumanen Ideologien für die Freiheit der Schöpfung Gottes einsetzen, was man "Nachfolge Christi" nennt.

Die Kulturgeschichte der Menschheit ist Folge immer neuer Anläufe zur Sicherung der Existenz. Um den Unwägbarkeiten der Natur und den Bedingungen der Evolution zu entrinnen, bzw. zu begegnen, hat der schutzlos den Naturgewalten ausgesetzte Mensch von Gott den zeitlich befristeten  Auftrag  als Erlaubnis erhalten: "Macht euch die Erde untertan!" Vorsorgend hat der Mensch deshalb sein Geschick selbst in die Hand genommen und sich die Kräfte der Natur Schritt für Schritt nutzbar gemacht, ihre Geheimnisse weitgehend entschlüsselt, Bodenschätze und Lebewesen in Dienst, aber auch in Verantwortung genommen. Mit "Wachset und mehret euch" setzt ein Wettstreit um Fläche, Nahrung, Lebensraum und Vormacht gegenüber Tieren und Pflanzen ein. Dieser Auftrag wurde von Gottes neuer Weisung abgelöst, zum Heger und Pfleger, zum Hirten und Förster der Natur zu werden, weil das Zwischenziel der Überlebensfähigkeit des Menschen erreicht war ( Jos 18, 1; Ex 1, 6 -7; Num 32, 20 -22; Jer 11, 4b - 5; Jer 1, 9 - 10; Spr 12, 9 - 11a; Jes 55, 1 - 2; Hiob 5, 1 - 7. 22 - 23; Dtn 25, 4 ). Die göttliche Starthilfe ist zur Vollendung gekommen, und der Vermehrungssegen hat sich erfüllt. Konsequenterweise entwickelten sich aufeinander folgende Kulturstufen wie Ackerbau, Viehzucht, Handwerk und schließlich Handel und Gewerbe im Einklang mit der altertümlichen Natur.

Die Erfolge von Naturwissenschaften und Technik in der Neuzeit beruhen methodisch wesentlich auf der Trennung von Glauben und Forschung. Religiös betrachtet sind negative Folgeerscheinungen des rasanten Technikfortschritts nicht den Naturwissenschaften anzulasten, weil es dem Menschen erlaubt ist, Gottes Schöpfung zu ergründen und verantwortungsvoll zu nutzen. Erscheinungen wie Kolonienausbeutung, Sklaverei, Bevölkerungsexplosion, naturzerstörende Rohstoffgewinnung und nicht-nachhaltige Resourcennutzung sowie Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten sind vielmehr Anzeichen eines gestörten Verhältnisses des Menschen zur ihm unterlegenen Natur, was wohl auf den Verlust einer lebendigen Beziehung zum Schöpfer zurückzuführen ist.

Was das menschliche Leben gelingen läßt, sind nicht so sehr vorzeigbare Erfolge, großer Besitz und Machteinfluß, sondern Taten der Liebe und Zuwendung. Von großer Bedeutung ist diese Priorität für den Lebensraum, den wir mit dem Reichtum an Pflanzen und Tieren teilen sollen: "Gott setzte den Menschen in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte" ( Gen 2, 15 ), und "Gott sprach zu Noah und seinen Söhnen: Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen und mit allen Lebewesen bei euch" ( Gen 9, 8 - 10 ). Ein liebevoller Umgang mit allen Mitgeschöpfen- Menschen, Tiere und Pflanzen - bezeugt unseren Glauben an den Schöpfer: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen". In unserem Verhalten auch Fauna und Flora gegenüber wird deutlich, ob "Gott oder der Mammon" unser Denken beherrscht. Der Ebenbildgedanke führt eben nicht zum Graben zwischen Mensch und dem Rest der Schöpfung, sondern dient dazu, Mensch und Natur als Einheit zu sehen; denn die gesamte Schöpfung ist Nachbildung göttlicher Pracht ( Ps 104 ). Dabei sind Korrekturen in der Einstellung zur Natur möglich, wie die Abwandlung des Speiseplans nach biblischer Vorstellung vom ursprünglichen Vegetarier ( Gen 1, 26 ) zum Fleischesser ( Gen 9, 3 ) bezeugt. Gottes Schöpfungssegen begleitet nur den Start des Menschen, aber nicht sein ganzes Lebens-"Rennen"; dennoch erwartet Gott Mitarbeit des Menschen am zukünftigen paradiesischen Frieden zwischen Mensch und Schöpfung, den er selbst vollenden wird ( Hos 2, 20 - 23 ).

Mit Blick auf diese großen Aufgaben zur Sicherung unserer Mitwelt, angesichts der Notwendigkeit des Klimaschutzes, unter dem Aspekt vieler bedrohter Arten und begünstigt durch die Öffnung der Welt in Form der Globalisierung sind Christen ökumenisch aufgerufen, sich einzuschränken. Wir wollen leben und leben lassen. Das Eintreten für die bedrohte Schöpfung global und auch regional z.B. für den Schutz der Soers zum Erhalt dieser Kulturlandschaft kann anzeigen, daß Menschen Gott die Ehre geben. Es kann Situationen geben, in denen der Mensch sich entscheiden muß, woran er wirklich hängt. Und schließlich will ja wohl niemand den Ast absägen, auf dem wir alle sitzen.

Im Neuen Testament macht sich vor allem Paulus zum Anwalt von Tieren und Pflanzen als gleichberechtigtem Teil der Schöpfung, wenn er im Römerbrief als sein Vermächtnis an alle Naturschützer und an alle christlich geprägten Ökologen formuliert: "Die Schöpfung soll von Sklaverei und Verlorenheit befreit werden; denn wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt" ( Röm 8, 21 -22 ). Für Paulus ist "neue Schöpfung im Kommen, wenn einer in Christus ist" ( 2Kor 5, 17 ), was meint: wo ein Mensch in der Nachfolge Jesu lebt und wirkt, wo es ihm um Freiheit für die seufzende Schöpfung geht, dort hat auch die Natur eine Chance. Alles ist zwar durch Christus allein schon erlöst, aber eben noch nicht vollendet; deshalb darf das politisch gemeinte Wort von Papst Paul VI. kein leere Hülse bleiben und gilt auch für den Umweltschutz als Politik: "Entwicklung ist der neue Name für Frieden". Der Ende Januar 2006 verstorbene evangelische Christ und Politiker Johannes Rau hat uns vorgelebt, daß man seinen intimen Glauben auch in praktischen Nutzen für Mensch und Natur umsetzen kann. Schließlich hat die religiöse Sternsinger-Aktion 2007 konkrete Naturschutz-Politik mit dem Thema gemacht:"Kinder für die Natur".

 

 Rafael, Tobias und sein Hund im Buch Tobit (5,17)

 

In diesen Tagen (Juli 2010) ist auf dem Schwesterfriedhof Soers, auf dem auch acht verschiedene Soerser Bürger begraben sind, etwas Verwunderliches geschehen: Alle Grabsteine sind verschwunden, so dass die Grabstätten jetzt völlig anonym für Angehörige sind. Statt dessen haben wohl die Schwestern  "Töchter vom Heiligen Kreuz" eine Erinnerungstafel installiert.
 
 

 

Diakon Hans-Karl Rouette                  Kirchweih-Chronik St.Andreas

Wenn eine Kirche und eine Pfarre neu entstehen, beruht diese Initiative auf dem Wirken von Personen: Der Aufbau des Kirchengebäudes ist mit menschlicher Schaffenskraft verbunden, wie auch die Kultgegenstände und Kunstwerke im Gotteshaus von Menschen geschaffen werden. Schließlich richtet sich die Architektur eines Kirchenbaus 1967 nach den Vorgaben des II.Vatikanischen Konzils und der resultierenden Liturgiereform durch die Konzilsväter. All das war beim Entstehen von St.Andreas nicht anders.

Vorgeschichte in St.Raphael

Die Historie der Soerser Katholikengemeinschaft beginnt mit einem Protest: Am 3.7.1945 bittet das Generalvikariat des Bistums Aachen das Provinzialat der Herz-Jesu-Priester in Krefeld, den im Krieg im Bezirk Soers als Seelsorger sehr beliebt gewordenen Pater Hülsbusch aus dem „Raphaelheim“ zurückzuziehen, weil man einen Bistumspriester als ehemaligen Pfarrverwalter in Eupen-Malmedy als Rektor in St.Raphael unterbringen möchte. Die von 50 Soersern unterzeichnete Protestnote an Bischof Joh. Jos. van der Velden nützt nichts mehr: Am 23.7.1945 tritt Rektor Keuck seinen Dienst in St.Raphael an.

 

Am 30.10.1946 wird der Seelsorgebezirk Soers von der ersten Mutterpfarre St.Laurentius getrennt; mit dieser Einrichtung einer eigenen Seelsorgestelle St.Raphael beginnt durch Initiative von Dechant Hubert Korr, Pfarrer von St.Laurentius die Eigenständigkeit des Soerser Pfarrlebens, so daß 1947 St.Raphael zum Rektorat erhoben wird. 1949 führt Rektor Werner Keuck in der Klosterkapelle mit 15 anderen Kindern den Autor dieser Recherche als Knaben zur Erstkommunion. Rektor Josef Beyers gründet mit Soerser Katholiken 1953 den Kirchbauverein „Sankt Mariä Rosenkranz“, Soers; 1958 wird Rektor Josef Kaussen sein Nachfolger und betreibt intensiv die Werbung und Mittelsammlung für einen Kirchenneubau.

 

In der Chronik der zweiten Mutterpfarre St.Peter ist 1962 zu lesen, dass in der Soers die Erbauung einer „Hermann-Josef-Kirche“ angestrebt wird. 1963 wird ein Wettbewerb zur Planung der Kirche ausgeschrieben. Der nötige Grundstückkauf durch das Bistum wird Realität: Nachdem der Baumeister Arnold Königs 1955 das Kirchengrundstück für 25.000 DM angeboten hatte, verzögerte sich der Zuschlag durch das Bistum wegen noch fehlender Erschließungsauskünfte der Gemeinde; daher musste die Pfarre St.Peter das Grundstück 1960 für 180.000 DM von einem Bauinvestor kaufen. Vikar Hans Vliegen als neuer Leiter der Vikarie St.Raphael diskutiert 1964 mit dem Pfarrausschuß den möglichen Namen der zu bauenden Kirche mit „Christi Friedenskirche“; jedoch taucht 1965 bei der Vorstellung von Plänen für die neue Kirche in Anlehnung an die damals noch üblichen Flurprozessionen zum Markustag (25.April) durch die Soers (morgens in vier aufeinander folgenden Tage jeweils um 6,30 Uhr) der Name „St. Markus“ für die neue Kirche auf. Erst 1965 legt das Bistum in Abstimmung mit dem Bauausschuß St.Peter (Oberpfarrer Schneider) für die neue Soerser Filialkirche den Namen „St.Andreas“ fest – jener Apostel als Patron, der seinen Bruder Simon (Petrus) zu Jesus führte. Die neue Pfarre rekrutiert sich aus Pfarrbezirkabtrennungen von St.Laurentius, St.Elisabeth und St.Peter.

Entstehung des Gotteshauses St.Andreas

 

 

Der Krefelder Architekt Dipl.-Ing. Karl Otto Lüfkens, der im Büro des bekannten Kirchenbauers Emil Stefan mit modernem Entwurf der Gotthäuser nach dem 2.Weltkrieg sehr vertraut wurde, erhält den Auftrag, auf Grund seiner 1965 entwickelten, zentralsymmetrisch angelegten Pläne einer sternförmigen Rundkirche mit acht Ecken (wohl mit Assoziation des Aachener Oktogonstils ) und mit einem kronenförmigen Dach das neue „Zelt Gottes unter den Menschen“ zu bauen. Seine Vorstellungen umfassen auch ein großzügig gestaltetes Pfarrzentrum mit zahlreichen Nebengebäuden und mit einem 36 m hohen Glockenturm.

 

 

Die Bauleitung vor Ort übernimmt Architekt Dipl.-Ing. Bernd Küppers, der auch 1969 das Pfarrhaus und 1980 das Pfarrheim erstellt. Die Statik des bautechnisch aufwendigen Kirchengebäudes berechnet Karl-Heinz Heemann im Büro Mathias Kempen. Die Bauunternehmung Josef Hündgen & Sohn setzt die Pläne in Mauern um, wofür am 16.9.1966 der erste Spatenstich erfolgt.

 

Am 9.4.1967 nimmt Weihbischof Hühnermann die Grundsteinlegung innerhalb der schon 9m hohen Kirchenmauern feierlich vor. Am 22.10.1967 wird das Richtfest mit einem Richtkranz, der hoch über dem Dachstuhl an einem Kran schwebt, in einer schlichten Feier begangen.

 

Das erste Kirchweihfest beging man am 1.12.1968 unter Leitung von Bischof Dr. Johannes Pohlschneider. AVZ-Zeitungsberichte beschrieben die Einweihungsfeier so:

„Bereits am Vorabend fanden sich die Gläubigen am Namenstag des Pfarrpatrons St.Andreas im neuen Gotteshaus zu einer Andacht ein. Gemeinsam mit Pfarrer Hans Vliegen verehrte man die Reliquien des Apostels Andreas. Zu früher Stunde hatte sich am Sonntag die Pfarrgemeinde mit der Geistlichkeit, an ihrer Spitze der Diözesanbischof Pohlschneider auf dem Platz vor der Kirche versammelt, um das Zeremoniell der Weihe zu erleben. Während die Gemeinde vor dem Portal wartete, begab sich der Bischof mit den Priestern zu den Reliquien, womit die heilige Handlung begann. Nach dem Ruf des Bischofs vor dem Portal : „Oh Gott, sei bedacht, mir beizustehen!“ weihte der Bischof das Gregorianische Entsühnungswasser ( Salz, Asche, Wein und Wasser) und umschritt die Außenwände der Kirche, um sie mit dem Entsühnungswasser zu besprengen. Mit den Worten „ Erhebt euch, ihr Pforten“ zog der Bischof nach dreimaligem Pochen mit dem Schaft seines Hirtenstabes an die verschlossene Tür zusammen mit Klerus und Gemeinde in das Gotteshaus ein. Nach dem Anrufen aller Heiligen besprengte der Bischof die inneren Kirchenwände mit Entsühnungswasser. Die Altareinsegnung und die Inbesitznahme der Kirche durch Gott bildeten weitere Stationen der Weihehandlung. Auf dem Boden der Kirche zeichnete der Bischof mit der Spitze seines Hirten-Krummstabes in ein dort vorgezeichnetes, übermannsgroßes Andreas-Aschenkreuz das griechische und das lateinische Alphabet.- Beim zweiten Teil der Kirchweihe wurden die Reliquien des Heiligen Andreas im Altar beigesetzt. – Beim dritten Teil salbte Bischof Pohlschneider die Innenwände des Gotteshauses an zwölf Stellen, wo später die Apostelkerzen platziert wurden, mit heiligem Chrisam. Nach der endgültigen Weihe des Altars und der Altargeräte feierten die Gläubigen gemeinsam mit dem Bischof die erste Eucharistiefeier in der Pfarrkirche St.Andreas.“

 

 

 

Die 1969 vorgelegte Schlussrechnung des Kirchneubaus lautete auf 1.100.000 DM.

 

 

 

Liturgie, Kultgegenstände und Kunstwerke

Der durch das sichtbare Mauerwerk und durch das (unterhalb des mit Stahlzügen zusammengehaltenen Faltwerkes des Kirchendaches umlaufende) weiß verglaste Fensterband bewusst sachlich gehaltene Kircheninnenraum wurde vom Architekten Lüfkens auch bezüglich der Innenausstattung künstlerisch eher schlicht gestaltet, wobei er natürlich die neuen Konzilsvorgaben der Liturgiereform berücksichtigen musste: Das Gottesvolk schart sich um den freistehenden Altar in kreuzförmig angeordneten Bänken auf drei Seiten, während der Klerus die vierte Seite als Apsis nordöstlich des Altars, der fast im Zentrum steht, einnimmt. Die Anordnung der Lampen in einem großen Kreis unterstreicht den Gedanken der sich um Christus als Mitte versammelnden Gemeinde, wobei der Altar leicht erhöht auf einem Sockel steht.

Schon am 7.3.1965 hatte in St.Raphael die Eucharistiefeier nach der neuen Liturgieordnung in deutscher Sprache vor einem umgestalteten Altarraum stattgefunden und in der Gemeinde rasch Anklang gefunden; deshalb war für St.Andreas-Christen das Umgeben des Altars als in das heilige Geschehen einbezogene Nachfolger Christi keine Besonderheit mehr. Wohl aber ergaben sich später Irritationen bezüglich des Standortes des Tabernakels. Diesbezüglich erfolgte 1966 eine Instruktion des Bistums an den Bauherrn St. Peter, „ der Tabernakel soll in die Mitte des dafür vom Architekten vorgesehenen Feldes gesetzt werden“; aber bald darauf wird unter den neuen liturgischen Aspekten die bischöfliche Auflage für die Baupläne erteilt: Errichtung einer „Sakramentskapelle entsprechend der neuen Liturgie als gesonderter Raum“ zur Aufbewahrung des Allerheiligsten außerhalb der Meßzeiten. Im Geschehen der Eucharistiefeier als Begegnung des Gottesvolkes mit Christus im Abendmahl sollte nach den Vorstellungen des Konzils (entgegen der vorher üblichen Gewohnheit der zentralen Bedeutung des Ortes der Präsenz des Allerheiligsten) der Tabernakel zurücktreten in eine Seitenkapelle als Ort der Anbetung, wo er allerdings besonders hervorgehoben werden sollte (z.B. als Kunstwerk). Deshalb wird auch der 1968 von Schlossermeister H.Josef Frohn nach Lüfkens-Plänen gebaute Tabernakel in der Seitenkapelle aufgestellt. Fortan währt die Diskussion im Kirchenvorstand , wo denn der ideale Ort für den Tabernakel sein könnte. Karl Strick baut ein mobiles Holzmodell des Tabernakels; doch seine Aufstellung an verschiedenen Orten findet kein Gefallen, so daß man 1989 in den linken Pfeiler der Apsis einen Tresor als 2.Tabernakel einbaut. 1998 ziehen beide Tabernakel wieder um: Der kunstvolle Haupttabernakel wird zentral in der Apsis aufgestellt; der Tresor zieht in die linke Wand der Seitenkapelle. Neben einem Marmorsockel für den Tabernakel lässt Pfarrer Bütow 1998 auch ein Taufbecken, dessen Kupferkessel lange links in der Apsis platziert war, und einen Gabentisch nach dem Formvorbild des Altartischs gestalten, den 1968 das Marmorwerk Cornel Rumbach nach Lüfkens-Plänen gebaut hatte. Aus der Zeit des Kirchenbaus stammen auch von der Schreinerei Joh. Röhrlich die Bänke, Beichtstühle und die Sedilen für die Messdiener sowie das Gestühl der Seitenkapelle und deren Altartisch. Die Kunstschmiede Peter Hauten fertigte nach Lüfkens-Plänen die 12 Wandleuchter für die Apostelkerzen, den Kronleuchter unter dem Dachzentrum mit vergoldeter Kupferkugel sowie das ursprüngliche Not-Kreuz des aus Holland stammenden Christus-Corpus ; Peter Hauten schuf ebenfalls das Dachaußenkreuz als Krönung des Bauwerks sowie dessen kunstvolle Türen nach den Vorstellungen von Lüfkens.

 

Die Gemeinde St.Andreas ist seit 1973 im Besitz des Bronze-Ambos von Bonifatius Stirnberg, der auch 1977 für die linke Stirnseite der Apsis die Andreas-Bronze-Skulptur schuf (heute an der Außen-Nordseite). 1978 schenkte der Fabrikant Heinz Krantz St.Andreas das Holzkruzifix aus dem 18.Jahrhundert, welches lange in der Seitenkapelle hing. 1982 wurde der Bildhauer Josef Jansen beauftragt, das zentrale Metallkreuz durch ein Gabelkreuz in Form eines Lebensbaums aus Eiche zu ersetzen, um darauf den vorhandenen Christus-Corpus zu heften. 1983 schenkte die Pfarrgemeinde ihrem Pastor Josef Kleynen zu einem Jubiläum den hölzernen Priestersessel mit zwei dazu passenden Stühlen, auf denen das „Dreigestirn“ Josef Kleynen, Dr. Karl Klinkhammer und Dechant Theo Königs oft genug mit der Pfarre Eucharistie feierte. Dechant Königs stiftet 1986 die Buntglasfenster der Seitenkapelle nach Entwürfen der Künstlerin M.Katzgrau und nach Anfertigung durch Dr.Oidtmann (Linnich). 1987 erfolgte die Einweihung der im rheinisch-maasländischen Stil gebauten Verschueren-Orgel (Heydthuysen bei Roermond). 1989 wurde der Kreuzweg als Geschenk von Heinz Krantz aufgehängt, welcher von der Nonne Primosa aus Schwäbisch-Gemünd als dreifarbige Lithografie in 15 Bildern ( mit Auferstehungsdarstellung) gestaltet wurde. Aus Amalfi, dem italienischen Ort mit einem berühmten Andreas-Brunnen stammte als Geschenk (1980) von Prof. Pollio für Pastor Kleynen das Andreas-Kachelbild (an der Sakristei hängend). 1994 bestellte Pfarrer Bütow als Spende die von Robert Simon geschnitzte Andreas-Holzstatue, der im Jahr 2000 eine symmetrisch dazu aufgestellte Madonna vom selben Künstler folgte. Diese war Nachfolgerin einer 1997 gestohlenen Madonna, die eine ursprünglich zur Kirchweih erworbene Madonna, welche heute auf einer Stehle in der Seitenkapelle ruht, dorthin verdrängte.

 

 

1984 stifteten die Geschwister Königs als ehemalige Inhaber der Purweide das auf dem Lousberg befindliche Standbild „Bauersfrau und Teufel“. Lange Zeit erfreute sich St.Andreas eines im Pfarrhaus aufgestellten Modells dieser Skulptur, welche die Stifter eigentlich vor dem Pfarrheim aufgestellt wissen wollten, ehe der jetzige Standort zustande kam.

  Am 2.1.2010 ist die Fusionsanordnung des Bischofs von Aachen durch Verlesen des Dekretes durch Regionaldekan Voß in Kraft getreten. Sowohl über 1000 Jahre alt wie auch nur 40 Jahre alt müssen 7 Pfarren ihr Eigenleben aufgeben und in der Großpfarre "Franziska von Aachen" als Gemeinden überleben.

Auch die Gemeinde St. Andreas ist von dieser Massnahme betroffen.

 

 

Pastor Ruprecht van de Weyer in solidum Pastor zusammen mit Pfarrer Franz-Josef Radler in der neuen Pfarre "Franziska von Aachen": 

Die Soers schmort im Sommer 2010 in der heissen Sonne. Das hält Besucher nicht davon ab, diese Kulturlandschaft zu genießen; so haben die Schützen der Bruderschaft Soers wie jedes Jahr ihr Schützenfest in zeitlicher Nähe zum CHIO mit einem ökumenischen Gottesdienst begonnen.
 
 
 
Auf dem Bild sieht man sitzend die beiden Pastöre Popien der evangelischen Gemeinde (rechts in schwarzem Talar) und Propst van de Weyer (links in weißer Albe) von der Pfarre Franziska von Aachen, zu der jetzt St. Andreas als Gemeinde gehört. An dem Tag dieses Gottesdienstes (27.6.2010) erkrankte Propst van de Weyer und wird der Gemeinde längere Zeit fehlen. Alle Christen der Soers und der Pfarre wünschen ihm gute Genesung. 

 

Österliche Gedanken zu unserem Kirchenbau Sankt Andreas

 

Eine moderne Sternstunde für Gläubige war in unserer Zeit das II. Vatikanische Konzil; dessen Reformen hat der Kirchenbaumeister und Architekt Karl Otto Lüfkens in unserer St. Andreas – Kirche in sichtbare Formen umgesetzt. Wie fast jeder Künstler sprach auch Lüfkens nicht über den Sinn seines Kunstwerkes; weil er außerdem ein sehr beschäftigter, da gefragter Kirchenarchitekt war, haben auch die damals verantwortlichen Bauherren wenig von ihm über das Werk erfahren, weil er zu wenig Zeit für Dialog hatte. So müssen wir uns heute unseren Reim auf die Bilder und Symbole machen, von denen unsere Kirche voll steckt.

 

Vor allem geometrische Figuren, die im Glaubensleben der Kirchentradition bewusste Bedeutung erlangt haben, wurden von Lüfkens als religiös anregende Symbole in das Baukonzept integriert, von denen einige im österlichen Licht des Auferstehungsglaubens beleuchtet werden sollen. Lüfkens hat jedes Detail geplant und die Ausführungsarbeiten genau überwacht, damit die Perspektiven in seinem Kopf für unsere Augen sichtbar würden.

 

Sehen wir zuerst in Bodenhöhe auf den in schwarzem Marmor als erdnahes Viereck gestalteten Altarraum: Ein viereckiger Altartisch, viereckig angelegte Stufenerhöhungen, ein rechteckig aufrecht stehender Ambo (vom Aachener Künstler Stirnberg), quadratische Sedilien von Priestern und sonstigen Altardienern, eine quadratisch sich um den Altar scharende Gemeinde aus allen vier Himmelsrichtungen, die zu allen vier Jahreszeiten sonntags zusammenkommt, um das Geheimnis des Glaubens zu feiern und in vier Reihen zum Kommunionempfang an den Altar zu treten. Das Viereck symbolisiert irdische Beziehung der umstehenden Nächsten zum absoluten Zentrum, dem Geschehen am Altar. Hier auf quadratischem Terrain nehmen wir auch Beziehung zu den Glaubensverwandten im Viereck auf. So ruft der Priester uns zu: „Der Herr sei mit euch!“ Aus allen vier Ecken schallt ihm die Antwort zurück: „Und auch mit deinem Geiste!“ In diesem vertrauten Quadrat duzt man sich vertrauensvoll: „Der Friede sei mit dir!“ – auch wenn der zufällige Nachbar noch eckig und kantig erscheint. Viereck ist Maßstab der Nächstenliebe auf Erden, auf symbolträchtigem Marmor.

 

Wenn wir den Blick aus der Enge des Bodenvierecks erheben, wenn wir aufblicken, uns empor strecken, die dritte Dimension anpeilen, erkennen wir die Erweiterung des irdischen Quadrates zum Achteck oder Oktogon, welches möglicherweise durch den Aachener Dom inspiriert wurde. Kunstgeschichtlich und kirchenbauhistorisch ist das in Wänden aufstrebende Achteck ein Symbol für Auferstehung. Fast erlösend wirkt diese Erweiterung, diese Ausdehnung von engen vier Ecken auf den achteckigen Sterngrundriß. Kuppelkirchen realisieren bautechnisch den Übergang von dem Vierungskreuz über das Oktogon zur runden Kuppel mittels Trompen, welche das Viereck über acht Ecken in das Rund überleiten. Von diesem komplizierten System ist der Architekt ausgewichen auf die Zeltdachkonstruktion im Sternformat.

Abgesehen von der Achtecksymbolik zeigen die acht Wände eine weitere Besonderheit, die sich symbolisch deuten lässt: Unzählige kleine Nischen öffnen sich zur Aufnahme von Schall, um Widerhall zu vermeiden. 40 Jahre lang haben diese Nischen unser Gotteslob, Chorgesang, Orgelklang, Kirchenlieder, Predigttexte, Spendenaufrufe und Fürbitten gespeichert wie eine überdimensionierte Ohrmuschel. Diese mikrostrukturierten Achteckwände geleiten unsere Kontaktaufnahmeversuche zu Gott nach oben.

 

Wenn wir die Augen nicht nur entlang der Achteckwände schweifen lassen, sondern den Kopf in den Nacken legen, erkennen wir eine weitere, im Vergleich zum Vierkant und zum Achteck perfekte Figur: Den großen Lichterkreis in vollkommener Anordnungn eines Heiligenscheins über uns. Wir sind alle durch Gottes Gnade zu vollendeten Heiligen ausersehen; Gott hat in uns als seine Ebenbilder das Potenzial für Heiligkeit zugrunde gelegt. Der ohne Ende runde Kreis symbolisiert diese Befähigung. Bauhistorisch sind runde Körper wie Radleuchter, Kugeln, Kuppeln und Kreise Darstellungsversuche der Vollkommenheit. Gott allein wird seine Ebenbilder vollenden, indem er aus eckigen Vierkanthölzern und erlösten Oktogonen übergangslos Heilige schafft. Das ist österliche Frohbotschaft.

 

Wenn wir den anstrengenden Blick noch eine kurze Weile nach ganz oben lenken, erkennen wir beim Kronleuchter die Zuspitzung des Faltdachzeltes. Dort gipfelt der Bau symbolisch im Schlussstein, im Eckstein Jesus, der alles zusammenhält. Dort oben im Zenith der Zeiten dachte sich der Baumeister vielleicht den Punkt Omega von Teilhard de Chardin, den Höhepunkt in Form dieser Zuspitzung, das bleibende, also ewige Leben in der Sankt. Andreaskirche. Der dort von Karl Otto Lüfkens gewollte und selbst entworfene Kronleuchter ist mehr als ein Beleuchtungskörper; er symbolisiert Jesus, der sich sehen lässt. Die zwölf Leuchten sind möglicherweise Symbole für zwölf Apostel, während die goldene Kugel wohl den Herrn der Welten darstellt.

 

                                                                                                                              Diakon H.K.Rouette

 

 

Nachdenkliches zur Schöpfungsgeschichte            H. K. Rouette

 Erster Tag der Schöpfungstat:

Gott trennt Licht vom Dunkel des Nichts und schafft die Gestirne des Kosmos, die ihre Kreise ziehen. Seit dem Urknall vor 14 Milliarden Jahren dehnt sich das All systematisch nach genauen Gesetzen der Physik aus, um endgültig vermutlich in einem schwarzen Loch vereint zu werden, wo der große Attraktor unwiderstehliche Anziehungskraft ausübt.

 Siebt letzter Tag der Schöpfung:

Der Mensch kann zum Mond fliegen; die Verselbständigung von Kriegstechnik, Terrorgewalt und Atomangst beherrscht er aber nicht mehr. Das World-Trade-Centre versinkt in Schutt und Asche. Das globale Finanzsystem bricht zusammen. Die Kybernetikforschung lehrt, dass Systeme rückgekoppelt sein können und auf Überlastung chaotisch reagieren. Wenn wir die Küste von Somalia mit Hochleistungs-Schleppnetzen leer fischen, rächen sich die nun arbeitslosen somalischen Fischer mit Piraterie. Ehemalige Kolonialherrenmentalität hat Entwicklungsländer ausgebeutet, worauf heute gelehrige Korruption als unrühmliches Erbe die Antwort gibt.

 

Zweiter Tag der Schöpfung:

Gott schafft das Sonnensystem, in dem die Planeten ihren festen Platz einnehmen. Gott umgibt die Erde mit einer Schutzgashülle als Lebensgarantie. Indem die Erde um die Sonne kreist, wird die Abfolge von vier Jahreszeiten als Fixpunkte der Natur möglich. Bewusst trennt Gott den Äquator der Erdkugel vom ewigen Eis an Nord- und Südpol. Der Golfstrom ermöglicht weltweite chemische und biologische Evolution, so dass vor 1 Milliarde Jahren erste Einzeller zum Leben erweckt werden.

 

Sechst letzter Tag der Schöpfung:

Besserwisser bezweifeln die Existenz des Klimawandels. Maßlose Umwandlung begrenzter Energieresourcen in Treibhausgase lässt die Poleiskappen abschmelzen. Das reichste Fünftel der Menschheit leistet sich 86 % des Energieverbrauchs. Gleichzeitig muss sich das ärmste Fünftel der Welt mit 1 % des Energiekonsums begnügen. Unter dem weg schmelzenden Eis vermutet man große Erdölvorkommen, so dass man glaubt, weiter sorglos Energie verschwenden zu können. Die Ärmsten der Armen verlieren ihre Heimat durch Überschwemmungen oder Trockenheit. Den Kampf um begrenzte Wasservorräte gewinnen die Reichen, die sich vor Hochwasser und Tsunamis hinter Deichen verbergen.

 

Dritter Schöpfungstag:

Gott modelliert Landmassen, die auf glühend heißer Lava schwimmen. Kontinentale Verschiebungen und vulkanische Eruptionen formen sich zu Bergen und Tälern. In den Meeren sammeln sich neue Elemente des chemischen Periodensystems, während sich in einem idealen Miteinander von Hydrosphäre, Atmosphäre, Boden und Biosphäre Kreisläufe des Wassers, des Sauerstoffs, des Kohlenstoffs und des Stickstoffs bilden. Gott schafft das Feuer als Wärmequelle, als Lichtschein und als Ort der Stoffumwandlung.

 

Fünft letzter Tag der Schöpfung:

Tsunami-Frühwarnsysteme können zwar keine Flutwellen durch Kontinentalplattenverschiebungen vermeiden, aber Menschen vorbeugend in höhere Landstriche umsiedeln. Wüstenlandschaften können durch Meerwasserentsalzungsanlagen bewässert und fruchtbar gemacht werden. Menschliche Intelligenz feiert nämlich ungeheure Erfolge; jedoch spielt man auch gerne mit dem Feuer: Unbekannte Risiken entstehen durch gentechnische Manipulation und Clonen. Trotz sinkender Armutsgrenze auch in den reichen Länder, wo die Kluft zwischen Bedürftigen und Übersättigten immer größer wird, werden Nahrungsmittelüberschüsse auf den Müll gekippt, um Preisverfall zu verhindern. Regenwälder sterben, weil Monokulturen großen Profit versprechen. Maisernten werden durch Biotechnologie zu Benzin verarbeitet, während riesige Flüchtlingslager verhungern.

 

Vierter Schöpfungstag:

Gott erfindet das Chlorophyll und die Photosynthese. Gärungsprozesse schaffen organische Stoffumsätze zu Wasser und zu Land. Üppige Urwälder verursachen Wolken; Regengüsse mit klarem Wasser lassen anderenorts Flüsse und Bäche anschwellen. Eiszeiten und Heißzeiten gründen Kohle- und Erdöl-Vorräte in scheinbar unendlicher Fülle. Vor 900 Millionen Jahren bilden Aminosäuren und DNA-Helix-Knäuel die Lebensgrundlage für Algen und Plankton.

 

Viert letzter Tag der Schöpfung:

Ziergärtenblumen werden von Stickoxiden entlaubt, weil die Luft abgasschwanger ist. Saurer Regen, Überdüngung und eine Borkenkäferinvasion bedingen das Waldsterben. Heuschreckenwolken nehmen den ärmsten Bauern das bischen Pflanzengut, das sie mühsam kultiviert haben. Antibiotika in Massenfleischproduktion schwächen unser Immunsystem, sodass ein Heer von Allergikern Heilung am Toten Meer sucht. Krankenhäuser tun sich schwer im Kampf gegen Infektionen, weil Bakterien gegen jede Art Desinfektionsmittel resistent geworden sind.

 

Fünfter Schöpfungstag:

Gott hat seine Freude an seiner Erschaffung der Fische, Reptilien, Amphibien und Säugetiere. Den zuerst auf Bäumen lebenden Affen gibt Gott eine Arbeitsteilung vor, als sie wegen zunehmender Population von den Baumwipfeln in die Savanne ausweichen müssen: Weibchen ziehen die Brut groß; Männchen sorgen für Nahrung und Sicherheit. Vögel lernen die große Freiheit des Fliegens schätzen. Die Artenvielfalt aller Tiere explodiert, weil weitläufiger Lebensraum in genug Freiflächen vorhanden ist.

 

Dritt letzter Schöpfungstag:

Urbanisierung und Flächenversiegelung dezimieren die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen dramatisch. Tierversuche dienen der Prosperität des Menschen, der seine Hirtenverantwortlichkeit ignoriert. Toxische Industrieabwässer werden in Meere verklappt. Seen kippen um. In Legebatterien nicht mehr produktive Hühner werden zu Futtermehl verarbeitet. Heringe verenden in der Ölpest am Meeresgrund. Quallenflut verjagt Urlauber von paradiesischen Stränden, die sowieso durch zunehmende Anlandung von Flüchtlingsbooten unzumutbar wurden. Radioaktiver Sondermüll, der mangels eines sinnvollen Wiederaufbereitungskonzepts für abgebrannte Uranstäbe in unterirdischen Kavernen zwischengelagert wird, verseucht Grundwasser, weil die Container die lange Wartezeit nicht überleben.

 

Sechster Schöpfungstag:

Vor 4 Millionen Jahren setzt Gott seiner geliebten Schöpfung die Krone auf, indem er den Menschen als sein Ebenbild aus hoch entwickelten Hominiden mit einer Seele, mit Hirnvolumen und mit Sprache ausstattet. Bewusstsein, Kreativität und Gottesfurcht zeichnen den Menschen aus. Genuss und Freude, Friedensfähigkeit und Religiösität, Rechtsempfinden und Nächstenliebe, Kultur und Naturverbundenheit, Trauer und Mitleid sind Gottes Geburtstagsgeschenke für den Menschen. Mann und Frau dürfen Sexualität genießen und sich vermehren, um ihre Kinder zu lieben.

 

Vorletzter Schöpfungstag:

Die exponentielle Zunahme der Weltbevölkerung droht die Tragfähigkeit der Erde zu überfordern. Manche schrecken nicht vor völlig legalisierter Abtreibung zurück. Mittlerweile sind 26 Millionen Menschen an Aids gestorben, und 40 Millionen siechen infiziert dahin. Medizin zur Abmilderung der Aids-Folgen wird den am meisten betroffenen Afrikanern aus fadenscheinigen Gründen versagt. Die historische Wahrheit der Aids-Ursachen wird aus Angst vor Schadenersatzforderungen durch systematische Desinformation verschleiert. Mit aller juristischen Raffinesse und mit Gewalt verhindern die arrivierten Länder das Sesshaftwerden der aus ihren überseeische Elendsquartieren ins gelobte Land fliehenden Unterprivilegierten.

 

Siebter Schöpfungstag:

In der Bronzezeit, also vor 6.000 Jahren entstehen erste Schriften der Bibel, worin der Sonntag als Feiertag festgeschrieben wird: „So schuf Gott Himmel und Erde und vollendete ihr ganzes Gefüge. Dann ruhte Gott sich aus, um sein Werk zu genießen. Er segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig“.

 

Letzter Tag der Schöpfung:

Alle Lichter sind erloschen. Staub, Schutt und Asche verhüllen die Sonne. Selbst hartnäckige Sporen und Bakterien gehen als letzte Lebensform für immer zu Grunde. Wie in einer Mondlandschaft ist alles versteinert. Es herrscht allumfassende Ruhe; nur ein Papier mit der Überschrift „Menschenrechte“ raschelt durch leere Häuserschluchten einer Gespensterstadt. Chaos ist allgegenwärtig. Die Ewigkeit hat scheinbar begonnen.

 

Neuschöpfung:

Nun kommt zum Tragen, woran zum Schluss nur noch wenige geglaubt haben: Gott bleibt seiner Schöpfung treu, die er nach wie vor extrem liebt. In seiner unvorstellbaren Güte lässt er zu, dass sich die zerstreuten Geschöpfe – Tiere, Pflanzen und Menschen als Mitwelt versöhnen und sich in seiner Hand versammeln. Es ist am Ende Gott selber, der alles vollendet.